Homöopathie: ein effektiver Therapieansatz bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen

Homöopathie: ein effektiver Therapieansatz bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen

Deutscher Ärztekongress für Homöopathie, 13.-15. Mai 2021 – Online

Referent: Prof. Dr. med. Jürgen Pannek, Facharzt für Urologie, Chefarzt am Paraplegiker-Zentrum Nottwil, Schweiz. Wir sprachen mit Prof. Pannek über seine Praxis mit querschnittgelähmten Menschen und über seine sehr erfolgreiche Homöopathie-Studie.

Sind rezidivierende Harnwegsinfekte bei Querschnittgelähmten ein häufiges Problem?

Ja, Harnwegsinfekte sind bei Querschnittgelähmten ein häufiges Problem. Sie verursachen Symptome, welche die Betroffenen stark belasten können, wie Fieber, Krämpfe, Schmerzen oder Inkontinenz. Unsere Harnblase wird vom Nervensystem gesteuert. Bei einer Rückenmarkverletzung wird diese Nervenverbindung zwischen Hirn und Blase unterbrochen, eine willkürliche Kontrolle der Blase ist meist nicht mehr möglich. Daher leiden nahezu alle Personen mit einer Querschnittlähmung an einer Blasenfunktionsstörung. Da die Blase nicht mehr normal entleert werden kann, müssen Hilfsmittel, wie zum Beispiel Einmalkatheter benutzt werden, die man sich selber zum Entleeren der Blase mehrfach täglich einführt. Durch den Gebrauch dieser Fremdkörper steigt das Risiko einer Harnwegsinfektion deutlich.

Wie werden Sie behandelt?

Die Standardbehandlung der Harnwegsinfekte ist eine Therapie mit Antibiotika. Zunächst wird im Labor getestet, gegen welches Antibiotikum die Bakterien empfindlich sind; mit diesen Medikamenten werden die Infekte für ca. sieben Tage behandelt. Da Menschen mit Querschnittlähmung häufig Harnwegsinfekte entwickeln, müssen sie oft Antibiotika einnehmen. Daher steigt das Risiko, zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika zu entwickeln, das heisst, die Medikamente sind nicht mehr wirksam

In einer neuen Studie haben Sie untersucht, ob die Homöopathie eine Therapieoption sein könnte. Bitte stellen Sie diese Studie vor.

In unserer Studie haben wir getestet, ob durch eine klassisch homöopathische Behandlung eine Verminderung der Anzahl von Harnwegsinfekten erreicht werden kann. Dazu haben wir Patienten in 2 Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt eine Standardprophylaxe, die andere Gruppe erhielt zusätzlich zu dieser Standardprophylaxe eine homöopathische Behandlung. Die Patienten beider Gruppen dokumentierten ein Jahr lang, wie viele Harnwegsinfektionen sie hatten. Dazu erhielten sie Urin-Teststreifen und einen Fragebogen, den sie regelmässig ausfüllten und an uns zurück schickten. Nach einem Jahr wurden die Anzahl der Infekte und die Zufriedenheit mit der Therapie ausgewertet. Darüber hinaus wurden die Patienten befragt, wie viele Harnwegsinfekte sie im Studienzeitraum wahrgenommen haben. Die Anzahl der Harnwegsinfektionen im Jahr der Behandlung mit der Anzahl der Infekte im Jahr zuvor, ohne Behandlung, verglichen. Die Häufigkeit der Infektionen im Vorjahr war in den Krankengeschichten der Patienten dokumentiert.

Welche Ergebnisse hat die Studie gebracht?

Während in der Gruppe der Patienten ohne Homöopathie die Infektrate unverändert blieb, sank sie bei den homöopathisch behandelten Teilnehmenden von 9 auf 2 Infekte pro Jahr. Die Zufriedenheit mit der homöopathischen Behandlung war hoch.

Wie bewerten Sie die Studie?

Wir konnten erstmals in einer prospektiven Studie zeigen, dass die Anzahl der Harnwegsinfekte durch eine homöopathische Therapie reduziert werden konnte, während die Infektfrequenz ohne homöopathische Therapie unverändert blieb. Wie alle klinischen Studien hat auch unsere Studie Schwachpunkte. Zum Beispiel war es sehr schwer, die Patienten der Kontrollgruppe, also ohne Homöopathie, dazu zu motivieren, für ein Jahr an der Studie teilzunehmen. Daher waren die beiden Gruppen am Ende nicht gleich gross und unterschieden sich in der Anzahl der Harnwegsinfekte zu Beginn der Studie. Leider gibt es aber in der klinischen Forschung keine ideale Zusammensetzung der untersuchten Gruppen. Meiner Ansicht nach spiegelt die Studie die Situation im klinischen Alltag wieder und kann trotz der genannten Einschränkungen klar zeigen, dass die homöopathische Therapie bei den Patienten wirksam gewesen ist.